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Projekttag „Hohenschönhausen“

Projekttag „Hohenschönhausen“

Bereits vor dem Besuch der Gedenkstätte wurden die Schüler im Unterricht über die Bedeutung des Gefängnisses informiert. Grundlage war unter anderem die Informationsbroschüre der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung: „Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen – Ein Ort, seine Geschichte und seine Häftlinge“.

Am 10. 06.2015 fand der Projekttag der Klassen 9c und 9e der Johannes-Gutenberg- Schule Ehringshausen in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen im Rahmen der Studienfahrt nach Berlin statt.

An diesem Termin haben 49 Schüler/innen der Klassen 9c und 9e sowie deren Klassenlehrer, Frau Geist und Herr Loh, und die beiden Begleitpersonen: Frau Baranowski und Herr Tollerian teilgenommen.

Pünktlich um 12 Uhr begann der Tag mit einer allgemeinen Einführung zur Gedenkstätte durch Herrn Daniel Glage.

Hier erfuhren die Jugendlichen Grundlegendes zur Geschichte des Stasi-Gefängnisses, das zu einem großen Teil noch unversehrt erhalten ist.

Von 1945 bis 1990 befand sich in Hohenschönhausen ein geheimes, militärisch gesichertes Sperrgebiet, das zunächst von der sowjetischen Geheimpolizei und ab 1951 vom Ministerium für Staatssicherheit geleitet wurde.

Das Gefängnis ist heute eine Gedenkstätte, das von Besuchergruppen, hauptsächlich Schülern besucht wird, um ihnen einen Eindruck von der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland zu vermitteln.

Nach der allgemeinen Einführung wurden drei Gruppen gebildet, die von Zeitzeugen durch die Gedenkstätte geführt wurden. Die Zeitzeugen Michael Bradler, Lutz Hildebrandt und Ulrich Ebert zeigten den SuS in einer zirka einstündigen Führung das Gefängnis der Stasi.

Während unseres Gangs durch das Gefängnis erzählte Herr Bradler uns seine Geschichte:

Als 20-Jähriger hatte Herr Bradler 1982 bereits sieben Ausreiseanträge in den Westen Deutschlands gestellt. Er wollte zu seinen Großeltern nach West-Berlin. Er musste allerdings befürchten, dass er in die Nationale Volksarmee eingezogen wurde und seine Ausreise somit immer unwahrscheinlich wurde. Er wollte nicht fliehen, denn er sagte uns: „Das war mir viel zu gefährlich, ich wollte doch nicht an der Mauer erschossen werden!“ Deshalb entscheidet er sich für einen anderen Weg. Er will sich verhaften lassen und dann von der Bundesrepublik freikaufen lassen. So ging er zum nächsten Grenzübergang und sagte dort, dass er ausreisen wolle. Kurze Zeit später wurde er verhaftet. Er wurde zunächst sieben Stunden verhört.

Da er sich aber weigerte seinen Ausreiseantrag zurückzuziehen, wurde er an einen geheimen Ort (Hohenschönhausen) gebracht. Er bekommt Gefängniskleidung und ist von nun an Nr. 119-1. Seine Zelle besteht nur aus einer Holzpritsche, aus einem kleinen Tisch mit Hocker und einer Kloschüssel.

Er hatte keinen Kontakt zu anderen Gefangenen. Er musste in dieser Zelle entweder stehen, sitzen oder liegen. Durch das Guckloch prüften die Wärter, ob er sich „richtig“ verhielt. Nachts wurde er immer wieder geweckt. Dies war ein Teil der Methoden, Häftlinge zur Aufgabe zu bewegen. Er wurde immer wieder verhört. Ziel der Stasi war es, ihn mit allen Mitteln zur Rücknahme seines Ausreiseantrages zu bewegen. Als letztes Mittel benutzten sie seinen Vater. Dieser forderte den Sohn auf, den Antrag zurückzuziehen, sonst wäre er nicht mehr sein Sohn. Bradler war bestürzt, aber er gab nicht auf. Nun gab die Stasi auf. Ein Anwalt kümmerte sich um den Freikauf des Häftlings Bradler. Und nach fünf Monaten Haft wurde er entlassen und konnte in den Westen zu den Großeltern reisen. Seinen Vater sah er nicht mehr und weiß deshalb auch nicht, ob der Vater seine damalige Aussage im Auftrag der Stasi vorbrachte oder, ob es seine eigene Meinung war.

Michael Bradler führt heute als Zeitzeuge Besuchergruppen durch die Gedenkstätte Berlin- Hohenschönhausen. Er informiert sachlich, ohne Gefühle über seinen Aufenthalt. Er beantwortet die Fragen ebenso sachlich. Wahrscheinlich ist dies seine Art der Bewältigung dieser furchtbaren Zeit.

Die Erlebnisse des Zeitzeugen Michael Bradler sollen zeigen, wie demütigend und entwürdigend die Stasi die Menschen behandelt hat, die nichts Anderes wollten als ihre Freiheit. Dies ist lediglich ein Versuch, der aber nur in Ansätzen gelingen konnte.

Danach gab es eine Pause von zirka 30 Minuten, bevor die Erarbeitung verschiedener Themen in Gruppen stattfand. Alle Gruppen arbeiteten in einem

eigenen Raum und haben entsprechendes Material zur Vorbereitung einer kleinen Präsentation erhalten.

Die Schüler arbeiteten 60 Minuten intensiv an ihren Themen und konnten anschließend durchaus respektable Ergebnisse im Plenum vorstellen.

Am Ende des Projekttages gab es noch eine Reflexion, die durchwegs positiv ausfiel.

Wir können einen Projekttag in der Gedenkstätte Hohenschönhausen ausdrücklich empfehlen. Er ist pädagogisch sehr interessant aufgebaut und die Schüler bekommen von den ehemaligen Häftlingen nicht nur sehr persönliche Informationen aus ihrer Zeit im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen und erarbeiten in Kleingruppen Themen, die sie dann selbst vorstellen konnten.

Außerschulische Lernorte sind ein wichtiger Teil für die Auseinandersetzung mit der Geschichte und die Schüler lernen dort oft mehr als im traditionellen Unterricht.

Der Artikel 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland lautet:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt.“

Dieses Gesetz muss für alle Menschen in unserem Land gelten!

Quellenverzeichnis:

-­ Bilder: Eigene Aufnahmen

-­ Informationsbroschüre der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung:

„Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen – Ein Ort, seine Geschichte und seine

Häftlinge“.

-­ http://www.stiftung-hsh.de http://www.michaelbradler.de