Eine Lehrerin namens Emmi
„Emmi – such“, „Emmi – bring‘s“, heißt es seit vielen Monaten im Deutsch- und Förderunterricht an der Johannes-Gutenberg-Schule in Ehringshausen, ist doch Labradorhündin Emmi, ausgebildete Pädagogikbegleithündin, mit ihrer Besitzerin und Deutschlehrerin Josepha Seger in vielen Klassen gemeinsam unterwegs. Emmi sucht dabei die Kinder die nächsten Fragen aus oder bringt in ihrem Beutel Arbeitsaufträge oder Ideen unterschiedlicher Couleur in die Klasse oder würfelt schließlich mit ihrem großen Kubus verschiedene Aufgaben, die den Unterricht bereichern und gleich viel spannender werden lassen. Die Schülerinnen und Schüler erfahren im Gegenzug auch gleichzeitig viel Neues im Umgang mit ihrer vierbeinigen Lernbegleiterin. Das ist Unterricht im Rahmen einer modernen tiergestützten Pädagogik bei dem die Kameradin auf vier Pfoten letztlich im Klassenzimmer auch für eine angenehme und positive Lernatmosphäre sorgen, die Konzentration steigern und die Schülerinnen und Schüler beim Erlernen von sozialen Kompetenzen unterstützen kann.
„Wir haben uns ganz bewusst auch zusätzlich für eine tiergestützte Pädagogik entschieden, weil wir zum einen eine sehr engagierte Kollegin haben, die sich zusammen mit ihrer Hündin in einen Ausbildungsmarathon gestürzt hat, um neue kognitive Prozesse anstoßen zu können und weil die wissenschaftlichen Erkenntnisse Lernerfolge für die Schülerinnen und Schüler durch eben jene Methode es immer wieder bestätigen. Denn Forschungen haben gezeigt, dass Kinder, die mit Tieren aufwachsen, frühzeitig die Fähigkeit erlangen, Gefühle zu zeigen und somit soziale und emotionale Kompetenz entwickeln“, so Schulleiterin Annegret Schilling. „Für Eltern und Erziehungsberechtigte gibt es oft nichts Schlimmeres, ihrem Kind in schulischen Fragen nicht mehr weiterhelfen zu können. Wenn Nachhilfe und eventuell auch medizinische Therapien keine wesentlichen Verbesserungen bringen, sind Angehörige oftmals nicht nur mit ihren Kräften am Ende, sondern müssen auch den Umständen tatenlos ins Auge sehen. Chancen, Lichtblicke und die Aussicht auf eine Wende in dieser aussichtslos erscheinenden Situation, kann dann durchaus eine tiergestützte Pädagogik sein.
Diese Erkenntnisse haben wir uns zu Nutze gemacht und mit unserer Schulhündin Emmi nun die Möglichkeit das Verhalten von Kindern und Jugendlichen positiv zu beeinflussen. Durch den Umgang mit Emmi erfahren unsere Schülerinnen und Schüler ganz gezielt den natürlichen Zugang zu ihren emotionalen, sozialen und letztlich auch kognitiven Fähigkeiten“, so Schilling.
Nach einer Spiel- und Entspannungspause für Emmi geht sie wieder zusammen mit ihrer Besitzerin zur nächsten Klasse. Deutschunterricht in der Klasse 5 steht auf dem gemeinsamen Stundenplan und Emmi unterstützt nun das Schreiben von Erlebnisberichten. Die Schülerinnen und Schüler haben sich spannende, lustige oder sogar manchmal spannende Abenteuer mit Emmi ausgedacht, die zunächst in einer Schreibkonferenz verbessert und schließlich im Klassenverband vorgelesen werden. Emmi hört zu und würfelt den nächsten Vorleser aus. Und dabei gibt es kein Kind, das nicht vorlesen will, auch wenn das Vorlesen etwas stockender geschieht und der eine oder andere Lesefehler dabei ist. Niemand lacht und niemand kommentiert das Vorlesen, denn Emmi hört wohlwollend und freundlich zu. Bei dem unterrichtlichen Einsatz geht es nicht allein nur um fachliche Kompetenzen, die zusammen mit der Labradorhündin geschult werden, sondern auch um die positive Verstärkung persönlicher Fähigkeiten. Emmi lehrt die Schülerinnen und Schüler Sensibilität, Offenheit und Aufmerksamkeit für sich selbst und ihr Umfeld. Denn Emmi scheint es mühelos zu gelingen, Emotionen auszulösen. Manchmal genügt es bereits, wenn Emmi einfach nur im Klassenraum anwesend ist, um die Jugendlichen aus ihrer Isolation zu führen und eine Handlungsweise hervorzurufen.
Anschließend steht noch der Lese-Rechtschreibkurs im Jahrgang 6 an. Schülerinnen und Schüler, die Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung und dem Lesen haben, besuchen diesen Förderkurs und Emmi assistiert wieder einmal Deutschlehrerin Josepha Seger. Jedes Kind hat in dieser Stunde seine individuellen Aufgaben. Während eine Schülerin Übungen zur Groß- und Kleinschreibung absolviert, grübelt ein anderer Schüler über einem Aufgabenblatt zur Schreibung von S-Lauten. Emmi bestimmt mit ihrer Auswahl die Aufgaben und läuft anschließend zu einem Kind, das einen Text laut vorlesen soll. Liegend auf der Hundedecke verfolgt Emmi das Vorlesen und hört aufmerksam zu. Dass Hunde wunderbare Zuhörer sind, das wissen die Meisten. Aber dass sie auf diese Weise auch ganz wichtige Aufgaben übernehmen, das wissen die Wenigsten.
„Emmi hat unentbehrliche Eigenschaften, wie Freundlichkeit und ihre Offenheit, und diese helfen, dass Schülerinnen und Schüler im Unterrichtsfach Deutsch ihre Freude am Lesen und Schreiben finden können, wenn Emmi Anlässe dafür gibt. Außerdem hilft sie, die Motivation am Üben und Wiederholen zu verbessern, sodass die Schülerinnen und Schüler spielerisch und tiergestützt lernen. Hunde können zudem beim Lesen lernen und üben helfen, wodurch die Kinder ihre Lesefähigkeiten verbessern. Ein weiterer Nebeneffekt an der hundgestützten Pädagogik ist die Förderung von Rücksichtnahme, Selbstsicherheit und weiteren sozialen Kompetenzen“, fasst Deutschlehrerin und Tierpädagogin Josepha Seger die Lernerfolge des Lehrer-Hunde-Teams zusammen. Und nach einem ausgefüllten Unterrichtstag gehen Zwei- und Vierbeiner dann zufrieden nach Hause.